Fahrbare Untersätze

Die fahrbaren Untersätze der Anfänge waren sehr nett. Geld hatte man wenig bis gar keines, also mußte etwas billiges her. Ich kann mich noch gut an Steves senfgelben Polo erinnern, in dem niemand als Beifahrer mitfahren konnte, da der komplette vordere Fußraum als Müllhalde für diverse Dosen und Papierchen diente. Er hörte auf den klangvollen Namen Pomm-Fritz-Bude. Und der Name war Programm.
Andres Corsa hieß White Magic, und der erlebte einnmal etwas sehr merkwürdiges.
Wir hatten abgemacht, uns um 16.00 Uhr nach meinem Dienstschluß zu treffen um Filme zu schauen. Ich war noch nicht mal richtig zu Hause angekommen, als schon das Telefon Sturm klingelte und Andre nur meinte als ich den Hörer abnahm:"Claudi, beeil Dich, es ist etwas sehr seltsames passiert!"
Ich wollte natürlich wissen, was denn los wäre, aber er sagte nur:"Das kann ich jetzt nicht sagen, komm schnell!"
Ich also den Turbo eingelegt, und in einem Affenzahn zum Häusle gebrettert.
Andre stand mit Beate auf dem Parkplatz, und mein erster Gedanke war:"Och nee, er hat sie doch wohl nicht etwa geschwängert????"
Ich flitzte auf beide zu und er sagte nur:"Sieh Dir mein Auto an."
Ich schaute und schaute, und erst nach einer Weile fiel bei mir der Groschen.
"Da fehlt ja die Frontscheibe!!"
"Genau!Die Schweine!!! Den Dichtungsgummi haben sie fein säuberlich neben die Karre gelegt! Das war die Mafia!"
Ich mußte lachen und Beate grinste auch nur. Wie konnte jemand die Scheibe von `nem alten Opel Corsa klauen, wenn es bei Carglas doch neue Autoscheiben massenhaft gibt?? Andre fand das alles nicht ganz so lustig obwohl ansonsten absolut gar nichts fehlte. Weder das neue Autoradio, noch die CD`s, die haufenweise hinten auf der Rückbank herumlagen.
Das Schöne war dann noch, daß es regnete und die Vordersitzte leicht feucht waren. Wir legten eine Decke auf den Fahrersitz und Andre fuhr hinter mir her zur nächsten Autowerkstatt um den Schaden reparieren zu lassen. Anschließend kurvten wir mit meiner ollen Mühle zur Polizei, wo man uns aber für nicht sonderlich glaubwürdig hielt. Der Polizist grinste nur die ganze Zeit, was Andres Laune nicht besserte.
Und auch der Versicherungsfritze, den Andre anrief um den Schaden zu melden, fragte dreimal nach, ob denn sonst wirklich nichts fehle, und ob er sicher sei, daß die Scheibe nicht schon einen Sprung gehabt hätte.

Jedenfalls wurde der arme White Magic repariert, und hat wohl auch keine weiteren Schäden davongetragen. Er fuhr noch einige Jahre durch die Gegend, bevor Andre ihn auf den Friedhof bringen mußte.

Mein oller Golf hatte die wunderbare Eigenschaft keinen Ölwechsel zu benötigen, da im Monat lockere 2 Liter aus irgendwelchen Dichtungen lief, und ich einfach immer nur nachzufüllen brauchte. Irgendwann verreckte er mir auf dem Heimweg vom Europa-Park. Es dampfte auf einmal wundersam unter der Motorhaube hervor, aber freundlicherweise tat er das in unmittelbarer Nähe eines ADAC-Pannenfahrzeugs das auf dem Standstreifen bereits einem anderen liegengebliebenen Fahrzeug Wiederbelebungsversuche angedeihen ließ. Seitdem bin ich Mitglied in diesem segensreichen Club - und hab ihn auch nie wieder gebraucht.
Typisch.

Schön war auch, als ich Marios Renault nicht mehr zum Laufen brachte.
Wir waren 11 Mann hoch im Kino verabredet, und die Jungs kippten vor und während der Vorstellung ettliche Bierchen. Anschließend wollten wir ins Litfaß und verteilten uns auf drei oder vier Autos. Mario fuhr ebenfalls, obwohl der schon tüchtig einen im Tee hatte.
Ein Teil von uns war auf jeden Fall schon angekommen, und ich wollte mich grad gemütlich einrichten, als Steve ganz aufgeregt herein kam.
"Claudi, hast du was getrunken?"
Ich schüttelte den Kopf, und er meinte nur, ich müsse mitkommen. Er schleppte mich hoch an die B14, wo Marios Auto auf der Straße stand. Leider stand die Polizei ebenfalls da. Schade, schade.
Nachdem geklärt war, daß ich trotz fehlendem Nasenfahrrad - kontaktlinsentragend - durchaus in der Lage war etwas zu sehen, bekam ich den Autoschlüssel in die Hand gedrückt.
Kurz und gut, Mario wurde auf die Polizeiwache mitgenommen zwecks Bluttest und so weiter, und ich hatte die undankbare Aufgabe, ein mir völlig fremdes Auto von der Bundesstraße zu entfernen. Super! Echt!
Kann mir nichts schöneres vorstellen! Die verflixte Karre machte natürlich keinen Muckser.
Ich probierte und probierte. Alle anderen hatte sich verkrümelt. Die glaubten wohl, Frau schaffe das schon allein. Was für ein Irrtum. Frau kann viel, aber fremde Autos??? Nix für mich - ich andere Baustelle.
Irgendwann kam Frank angeeiert um zu schauen, wo ich bleibe. Er versuchte ebenfalls die Karre zu starten. Vergeblich. Scheiß Technik! Aber wenigstens hatte auch ein Kerl versagt.
Ich weiß gar nicht mehr, wer mich erlöste, aber der Trick an der Sache war wohl, daß man die Mühle, wenn sie eine Weile offen rumstand, erst einmal abschließen mußte, sie dann wieder öffnen, und dann erst konnte man sie starten. Da muß man erst mal drauf kommen.
Ich fuhr das Auto dann erst mal in eine öffentlichen Garage, und Mario kam mit rund 1,1 Promille von der Wache zurück. Natürlich ohne Führerschein. War ja klar. Super Abend also insgesamt.

Ein anderer Ausflug endete vor verschloßenen Türen.
Die Gudrun, Mira und ich wollten nach Stuttgart - ins Litfaß natürlich - und ich war als Fahrer auserkoren. Gudrun steuerte uns in irgendeine Tiefgarage im Schwabenzentrum, und ich fragte beim Hineinfahren noch, ob die die ganze Nacht geöffnet hätten. Klar! Sicher! Immer!
Andre kam noch nach, war alles lustig, und beim Gehen meinte Andre dann Gott sei Dank, er würde uns zur Garage begleiten, da um die Uhrzeit ja nur Schwerverbrecher unterwegs seien, die es natürlich auch nur auf UNS abgesehen hätten.
Und wo standen wir dann?? Dank Gudi?? Vor nem runtergelassenen Rollgitter. Mein armer alter Golf. Der hatte bestimmt Angst so allein in dem dunklen Verließ da unten. Andre hatte seine Kutsche irgendwo an den Straßenrand gestellt, und so fuhren wir mit White Magic erst die Gudi nach Hause, und anschließend Mira und mich zu mir, wo ich noch fix meine Pseudocouch in eine Art Bett verwandelte. Zur Strafe für *unsere* Blödheit, durften wir dann auch schon um acht Uhr wieder aufstehen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Benztown eiern, um mein Vehikel zu erlösen. Und so ein Parkhaus koooossteeeet.

Reno war auch so ein Spezialist, was fahren mit Alkohol betraf. Andre versuchte nach wirklich jeder Party, ihn zum Bleiben zu überreden, Schlafplätze gab es ja genug. Reno folgte auch immer brav hoch ins Schlafgemach, aber sobald Andre schnarchte, machte Reno sich aus dem Staub und fuhr trotzdem heim.
Irgendwann erwischte die Polizei ihn dann doch, und es dauerte viele Jahre und einen Haufen Geld, bis er den Lappen wieder hatte. Man konnte ihn quasi als MPU-geschult betrachten, denn irgendwann kannte er alle Fragen auswendig, die sie ihm immer wieder stellten.

Das verschärfteste Auto fuhr allerdings Carmen. Ein alter, weißer Ford Escort, in dem sämtliche Sitzmöglichkeiten mit lilafarbenem Pannesamt bezogen waren. Sehr schön. Echt tuffig - Gott sei Dank lässt ich über Geschmack streiten...
An irgendeiner Party fuhr sie auch noch mal kurz an die Tankstelle, und bei der Rückkehr schaffte sie es, ihren Autoschlüssel in der Karre einzusperren - keine Ahnung WIE so etwas geht. Sie kümmerte sich aber an dem Abend nicht weiter darum. Dafür kam sie am nächsten Morgen auf die glorreiche Idee, ausgerechnet mich anzurufen, um mich zu bitten, ich möge sie doch KURZ mal an den Arsch der Welt fahren, um ihren Ersatzschlüssel zu holen. Und das nach vier Stunden Schlaf. Wo wir uns doch sowieso so gut leiden konnten. Schönen Dank auch.
Aber man ist ja kein Unmensch, und ich ließ mich natürlich breitschlagen. Anschließend fiel ich aber sofort wieder ins Bett und holte den verpaßten Schlaf nach.

Eines Abends brachte ein Geschäftskollege von mir einen Leihwagen mit ins Häusle. Einen Renault Twingo, der war gerade brandneu herausgekommen und damals schon so scheußlich anzusehen wie heute. Igendwie ging mir der Lambrusco aus und ich wollte zur Tankstelle fahren um Nachschub zu kaufen."Nimm doch den Twingo!" war der tolle Vorschlag den ich zu hören bekam.
Naja, warum auch nicht, war ja doch mal interessant, mit Digitalanzeige und merkwürdig angeordneten Armaturen unterwegs zu sein.
Mein Einkauf verlief auch recht erfolgreich, ich kurvte zurück auf den dunklen Parkplatz, stieg aus und wollte das Auto abschließen.
Es ging nicht.
Ich stocherte mit dem Schlüssel im Schloß herum.
Es ging immer noch nicht.
Kruzifix aber auch, das war zum Mäusemelken!
Es war dunkel, ich konnte absolut nichts sehen, darum dauerte es auch verdammt lange bis ich merkte, daß ich die ganze Zeit versuchte den Twingo mit meinem Golf-Schlüssel abzuschließen.
Schön blöd.

An einem anderen Tag wollten wir einen kleinen Ausflug machen und uns irgendeine Stadt anschauen. Die Wahl fiel auf Freudenstadt, keine Ahnung was es da so besonderes geben sollte, aber egal.
In Steves und Andres Autos fuhren wir los, über die Autobahn, und bei Pforzheim irgendwo runter, querfeldein durch die Pampa und über Käffer von denen man irgendwann in der Bibel gelesen hatte.
In Freudenstadt selber taten wir eigentlich nichts, ausser um zwei Uhr hungrig in eine Wirtschaft einzufallen. Wir wollten noch essen, worüber die Kellner nicht sonderlich erbaut waren. Wir bekamen aber nach freundlichem anlächeln und BITTEBITTE sagen etwas und fuhren danach frohgemut über die romantische Hochstraße quer durch den Schwarzwald zurück Richtung Homebase. Dort lag im April noch zwei Meter hoch der Schnee, und auf den Skipisten wedelten die Brettlfahrer die Hänge hinunter.
In einer Parkbucht hatte Steve nichts besseres zu tun, als seinen Polo volle Karacho in die aufgetürmte Schneewand am Straßenrand zu rammen und Andre S. stieg erst einmal in eine Schneewehe um dann mit nassen Jeans eine Schneeballschlacht zu starten.
Auf der Weiterfahrt kamen wir am Schloßhotel Bühlerhöhe vorbei, und wenn man schon mal da ist, muß man sich das ja auch einmal anschauen.
Wir kamen aber nur bis zum Empfang wo wir sämtliche verfügbaren Streichholzschachteln einsteckten, und Anja einen hauseigenen Schirm mitgehen ließ.
Auf unserer Flucht nach draußen blieb Andre S. plötzlich wie angewurztelt stehen, warf sich in den Staub, verbeugte sich zehnmal hintereinander wie ein Moslem, der gen Mekka betet, und küßte dann den Kotflügel von einem roten Ferrari, der da parkte. Männer und Blechkarossen....tsss.

Irgendwann fuhren Reno, Helge, Andre und ich in den Europapark, verbrachten den Tag dort und kamen auf dem Heimweg in einen schönen dicken Stau. Wir hingen zwischen lauter Brummis fest und Reno hatte nichts besseres zu tun, als alle Fenster herunterzukurbeln und den tollen Song *Teddybär 1 - 4* auf voller Lautstärke zu spielen. Andre und ich tarnten uns auf der Rückbank mit zwei Lederjacken und taten so, als seien wir gar nicht anwesend.
Reno meinte nur immerzu:"Die freuen sich alle voll, guckt doch mal wie die sich freuen!"
Nu gudd schön!
Als es dann endlich wieder weiterging, hing Helge bei voller Fahrt aus dem Schiebedach, schnippte dann eine Kippe nach hinten auf die Fahrbahn, traf aber leider einen ollen Mercedesfahrer, der sich darüber fast zu Tode aufregte und fuchtelnd und schimpfend an uns vorbeizog.
An einem anderen Tag, auf dem Weg in den Europapark ( da waren wir irgendwie auch öfter ) kamen wir auch in einen Stau, und Andre wurde ganz rappelig in meinem Auto, weil er unbedingt eine rauchen wollte. Er stieg dann halb aus, und wir beobachteten, wie Steve und Andre S. ebenfalls ausstiegen und auf den Standstreifen hinübermarschierten.
Wir fragten uns, was sie da wohl wollten, aber sie marschierten munter in Fahrtrichtung los und waren schnell verschwunden. Irgendwann löste sich der Stau langsam auf, und wir rollten im Schneckentempo los. Ein Stück vor uns sahen wir dann, wie die Polizei die beiden Spaziergänger anhielt und wissen wollte, was sie da eigentlich trieben.
Ich glaube die Ausrede war Pinkelpause, und sie hätten ja gar nicht mitbekommen, daß es endlich weiterging.
Auf jeden Fall kamen sie ungeschoren davon. Glück gehabt.

In einer besonders lauschigen Nacht waren die Herren Sander, Schneider und Bitti allein im Häusle und ihnen war ganz fürchterlich langweilig.
Sie beratschlagten, was denn dagegen zu tun sei, und einer der Herren kam auf die grandiose Idee, den Straßenstrich in Lubu zu suchen und sich die Sache dort mal vor Ort anzuschauen. Ein guter Kumpel hatte ihnen irgendwann mal so nebenher erklärt, wo man da suchen mußte.
Fröhlich zuckelten sie los und verbrachten die ganze Nacht mit der Jagd nach Bordsteinschwalben, was aber irgendwie mißglückte. Sie fanden Kindergärten, Kirchen und Rathäuser, Einkaufsmeilen und Schulen, aber keinen Straßenstrich.
Erst als morgens um sechs Uhr die Sonne aufging, hatten sie Ihr Ziel erreicht, aber leider hatten die Damen alle schon Feierabend.
Wie schade.

Ein anderes Mal schlief ich eigentlich schon halb, als mein Telefon um 23.00 Uhr klingelte.
"Hallo Claudi, wir haben da ein kleines Problem...." teilte mir Alex mit. So So, was das wohl für Probleme waren? "Ähm, Susi und ich stehen am Stuttgarter Flughafen, wir sollen doch Kai und Jana vom Flieger abholen, und äh....unser Auto steht auf so einem Parkplatz... mit Kassenautomat. Wir haben aber keinen Geldbeutel dabei.Und Kai und Jana haben bestimmt bloß ausländisches Geld."
"Und ich soll jetzt kommen und euch erlösen? Na dann."
Also stand ich wieder auf und fuhr an den Flughafen.
Kai und Jana landeten kurz vor Mitternacht und waren sehr erfreut ein so großes Empfangskomitee vorzufinden.